SELBSTVOLLKOMMENHEIT

 

Aus dem Christus eures eigenen Wesens fließt unendlich viel Gutes. Ihr habt nicht mehr als jeder andere Ast, aber ihr erkennt jetzt bewusst euer Einssein mit dem Christus, welches am An-

fang, vor Anbeginn der Welt, begründet wurde.

Vorher dachtet ihr noch, ihr wärt ein getrenntes Wesen, das etwas aus dem Äußeren zu sich heranziehen muss, oder zu Gott beten muss, damit Gott es erscheinen lässt. Jetzt seht ihr aber, dass die Früchte aus der Tiefe eures eigenen Wesens ausfließen müssen, um außen zu erscheinen. Sie sollen euch nicht angehängt werden, wie man Schmuck an einen Baum hängt. Ihr müsst sie nicht mühsam vorweisen, erringen, erreichen. Lasst zu, dass sie aus euch fließen durch das unendliche Wesen eures Christusseins.

 

ÖFFNET EINEN WEG NACH AUSSEN

 

[...] Wenn wir unsere Verbindung mit dem Stamm, dem Weinstock, verstehen, stehen wir nicht in Konkurrenz zu anderen. Wir bekämpfen keinen, wir sind nicht im Krieg, wir verklagen nie-manden, denn wir haben Zugang zur unendlichen Quelle unseres Seins, die uns nährt und versorgt, selbst wenn sie alle anderen Zweige am Baum ebenfalls versorgt.

 

Statt also wegen unserer Bedürfnisse auf andere zu schauen, lernen wir, auf das universelle Leben zu schauen, das durch uns alle fließt. Von dort erhalten wir unser Gutes. Dann fügt sich alles zum Guten. Wir werden dorthin geführt, wo wir mit anderen zusammenarbeiten können und gemeinsam profitieren, statt auf unseren Vorteil bedacht zu sein. Nehmen wir einmal an, ihr seid die Rebe und ich stehe mit euch in Verbindung als der Weinstock, als Lehrer, der in einem gewis-sen Maß diese Beziehung des Einsseins erkannt hat. Ihr kommt, um Inspiration, Führung, Belehrung und Heilung zu erhalten. Ihr wisst, dass ich aus mir selbst nichts tun kann. Ihr wisst, dass ich als menschliches Wesen keine größere Macht habe als ihr selbst, diese Dinge zu geben. Ich als Person bin euch gleichgültig, ihr achtet nur auf meinen Grad an erleuchtetem Bewusstsein, und dieses erleuchtete Bewusstsein ist der Weinstock.

 

Ihr kommt also zu mir, zum Weinstock, und wegen meiner Erkenntnis meines Einsseins mit der Quelle und durch meine jahrelange Übung, in Verbindung mit ihr zu sein, fließen Verständnis und Erkenntnis durch diesen Weinstock zu euch. Ihr könnt zu mir oder jedem anderen spirituellen Lehrer gehen und durch dieses erleuchtete Bewusstsein ein gewisses Maß an Gutem erhalten. Es ist nicht immer dasselbe Maß. Aber das Gute, das ihr von der Person empfangt, die in diesem Augenblick den Stamm darstellt, stammt vom erreichten Bewusstseinszustand, der ein Schritt weiter ist, als ihr es als Hilfesuchende seid.

 

Jeder, der in Gott verwurzelt und begründet ist, und bewusst im Einssein mit der Quelle lebt, dient als Weinstock für die Reben, also für die Hilfesuchenden. Denken wir aber daran, dass dieses 

Verhältnis vorübergehend ist, denn jeder einzelne muss lernen, dass er der Weinstock ist für diejenigen in seinem Leben, die seine Reben darstellen.

 

Heute ist die Welt voll von Menschen, die nach spiritueller Erleuchtung hungern. Weil sie so hungern und so bereit sind und weil sie suchen, müssen sie einen Weinstock finden. Sie werden 

notwendigerweise in Kontakt kommen mit einem Zustand geistigen Bewusstseins, das ihnen offenbart, dass auch sie reiche Frucht aus dem Innern hervorbringen können. Aus diesem Grund müsst ihr der Weinstock sein für die, die ihren Weg zu dieser spirituellen Vereinigung finden.

 

Jetzt haltet ihr euch vielleicht noch für einen Zweig, aber durch Meditation, Studium und Hingabe lernt ihr, „eure Netze zu verlassen“. Ihr werdet dahin gelangen, dass ihr der Welt ein Weinstock seid, keine Rebe. Ihr werdet erkennen, dass ihr in der unendlichen Quelle des Guten verwurzelt seid. Daher seid ihr bereit, dieses Gute Gottes durch euch ausfließen zu lassen, damit diejenigen gespeist werden, die sich an euch wenden, und ihrerseits reiche Frucht tragen können.

 

Das Gute, das in euer Leben tritt, ist nicht für euch oder für mich; es dient der Verherrlichung des Vaters durch uns. Der egoistische Lebensentwurf hat Menschen hervorgebracht, die denken, sie seien großartig oder mit Weisheit gesegnet. Das ist aber für diese Menschen und für unsere ganze Zivilisation zerstörerisch. Die Früchte in unserem Leben entstehen durch unsere Erkenntnis, dass wir Instrumente für die Göttlichkeit sind, die sich selbst in ihrer ganzen Herrlichkeit als unser individuelles Sein ausdrückt. Diese Früchte sind Gesundheit, Harmonie, Ganzheit, Frieden und Freude, wobei sich Gott als diese Eigenschaften ausdrückt. [...]

 

Jeder Wunsch, Gutes zu erhalten, ist ein weiterer Stolperstein auf dem Weg zum Guten. Der Wunsch selbst ist eine Form des Getrenntseins, die uns vom Guten trennt. Eure Freiheit kann euch 

nur die Erkenntnis bringen, dass Gott sein Gutes in euch begründet hat und dass ihr das Instrument für sein Ausströmen in die Welt seid. Nur im Sinne eurer Selbstvollkommenheit als offenbar gewordener Sohn Gottes gelangt ihr in den Besitz und Beweis von allem Guten im Äußeren.

Wenn euch klar wird, dass Gott die Quelle eures Schutzes und eurer Sicherheit ist, erwartet ihr diese Sicherheit nicht von Luftschutzkellern, Armeen oder Kriegsflotten. Ihr sucht Sicherheit, Frieden und Freude in der Quelle, die in eurem eigenen Sein ist. 

 

Daher meditiert ihr und wendet euch nach innen, damit ihr erkennt, dass in eurem Bewusstsein – nicht in eurem Körper – die Vollständigkeit des Seins ist. Ihr öffnet einen Weg nach draußen, 

keinen Weg nach innen, damit diese Vollständigkeit zu euch kommt. Und das ist tatsächlich das vollständige Gegenteil des menschlichen Bildes.

 

„In deiner Gegenwart ist die Fülle der Freude.“ Wenn ihr anfangt, diese Gegenwart anzuerkennen, erkennt ihr auch die Gegenwart der Fülle des Lebens an. „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben, und sie es in Fülle haben.“ Sobald ihr die Gegenwart dieses Ichs anerkennt, erkennt ihr Erfüllung an. Die Gegenwart hat euch nicht in die Welt gesandt, damit ihr eine Aufgabe erfüllt oder damit ihr Erfüllung von der Welt bekommt. Sie ist in die Welt gekommen, um sich selbst zu erfüllen, und ihr bekommt eure Erfüllung aus diesem Ich in der Mitte eures Seins. Je länger ihr außen nach Liebe, Weisheit, Gerechtigkeit, Anerkennung und Belohnung sucht, desto länger trennt ihr euch vom Erleben dieser Dinge. Ihr seid nicht auf die Welt gekommen, um Liebe, Gerechtigkeit, Güte oder Gnade von jemand anderem zu erhalten. Ihr seid hier, diese aus eurer eigenen Erfüllung hervorzubringen. Fülle der Gegenwart bedeutet Fülle des Lebens.

 

Beginnt euren Tag in der Anerkennung der Gegenwart Gottes, des Ichs, das gekommen ist, um zu erfüllen. Wendet euren Blick von der äußeren Welt ab und geht dann eurer Tätigkeit nach. Geht ins Büro in der Vergegenwärtigung dieses inneren Bewusstseins, das eure Erfüllung ist, und schaut weder auf euren Vorgesetzten noch auf eure Angestellten. Euer Gutes kommt vielleicht durch sie, aber es kommt nur durch sie, wenn ihr erkennt, dass es aus eurem eigenen Wesen stammt. Bei ihnen danach Ausschau zu halten, ist der Fehler. Gutes von anderen zu erwarten, ist Sünde. Solange ihr nicht bei anderen euer Gutes sucht, wird es euch zufließen.

 

Ihr fangt nun an, in der neuen Lebensdimension zu leben, wo ihr keine Empfänger des Guten, sondern das Flussbett seid, durch welches das Gute in die Welt fließt. Ihr müsst nicht die Tricks 

und Schummeleien der menschlichen Lebensweise anwenden, damit es euch gut geht. Ihr müsst euch um euer Leben nicht sorgen. Jetzt könnt ihr in einer Lebensdimension leben, die erkennt: 

„Euer Vater weiß, dass ihr diese Dinge braucht ... Denn es ist sein Wohlgefallen, euch das Reich zu geben“, es durch euch fließen zu lassen, um nicht nur euch zu speisen, sondern die Fünftausend.

Vergesst das nie! Jeder mit erleuchtetem Bewusstsein könnte eine ganze Stadt ernähren, wenn er sich vergegenwärtigen könnte, dass er es nicht aus seinem eigenen Vorrat tun muss, sondern aus der Tiefe dieser inneren Quellen.

 

Zögert in Zukunft nicht, zuzulassen, dass die Welt euch in Anspruch nimmt. Enthaltet denen keinerlei Gutes, die danach suchen, sei es ein Wort der Weisheit oder ein Geldschein, sei es Es-

sen und Kleidung oder Sicherheit und Schutz. Haltet es nicht zurück. Egal wie viel ihr hergebt, ihr werdet euch dadurch nicht ärmer machen, denn ihr gebt es nicht aus euren eigenen Vorratsla-gern und Scheunen. Es kommt aus der Unendlichkeit der universellen Quelle.

Das ist die neue Dimension. Dort erlaubt ihr der Welt, die ihre wahre Identität noch nicht kennt, sich an euch zu wenden als Durchlass für das Unendliche. Dort soll die Welt finden, wonach sie sucht, wenn sie nach Weltfrieden sucht. Es kann keinen Weltfrieden geben, solange eine Nation glaubt, dass ihr Gutes von einer anderen Nation abhängt oder davon, mehr Land oder mehr Ressourcen zu bekommen. So wie ihr individuell an den Punkt im Bewusstsein kommen müsst, wo ihr erkennt, dass ihr euch an das unendliche Lagerhaus wenden könnt, so müssen die Natio-

nen der Welt dahin gelangen, dass sie nicht mehr versuchen, ihr Gutes durch Kriegführen zu erhalten.

Heute beginnt ihr mit der Wiedergeburt. Ihr „sterbt“ täglich. Heute „sterbt“ ihr als Mensch, der Gutes erstrebt. Ihr müsst aus dem Geist Gottes wiedergeboren werden und zur Vergegenwärtigung gelangen, dass Gutes von euch ausströmt. Beten? Ja, gewiss! Betet ohne Unterlass, aber bittet nicht, fleht nicht, bettelt Gott nicht an. Nein. Gebet muss eine innere Gemeinschaft mit der Quelle alles Guten sein. Es darf kein Bitten um Dinge sein, sondern die Anerkennung, dass in der Mitte eures Seins ein unsichtbarer Weinstock wächst, der am Anfang dort gepflanzt wurde, damit ihr Erfüllung erlebt. Dann wird euer Gutes in der nötigen Form im Äußeren erscheinen. Wenn im menschlichen Leben Bedingungen und Umstände auftauchen, die eine Trennung vom Guten suggerieren, dann erinnert euch:

Ich werde dich nie verlassen und dich nicht im Stich lassen. (He-bräer 13,5)Wenn du durch  Wasser gehst, werde ich bei dir sein. Ströme sollen dich nicht überfluten! Wenn du durch Feuer gehst, wirst du nicht verbrennen; die Flammen werden dich nicht verzehren! 

(Jesaja 43,2)

 

Seid mutig. Fürchtet und zweifelt nicht! „Ich werde euch nie im Stich lassen.“ Bringt euch in Augenblicken der Trübsal, in Bedrängnis, Zweifel oder Furcht zu der bewussten Erkenntnis der Wahrheit, dass das Gute nicht zu euch kommen kann. Lernt innezuhalten in Stille und Vertrauen, mit dieser Zusicherung des 23. Psalms: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ Der Herr ist euer Hirte – er ist es. Da gibt es kein Bitten und Flehen – er ist. „Und wenn ich auch wandere durch das Tal der Todesschatten, ich fürchte kein Unheil.“ Wieso? „Du bist bei mir.“ Selbst im Tal der Todesschatten, in Prüfung, Trübsal und Bedrängnis, selbst mitten im Erleben von Sünde und Krankheit sollt ihr euch erinnern, dass diese nur durch einen Eindruck des Getrenntseins von Gott andauern. Ihr könnt es beenden, und zwar rasch.

Führt euch die Tatsache bewusst vor Augen, dass ihr trotz dieses Anscheins, trotz des Anscheins des Todes, nichts fürchten müsst, da das Ich immer noch gegenwärtig ist, das zu eurer Erfüllung gekommen ist. „Ich will dich nicht verlassen noch versäumen ... 

Mein Sohn, du bist immer bei mir und alles, was ich habe, ist dein ... Ich werde vor dir hergehen und das Krumme gerade machen.“ In jedem Buch der Bibel können wir Figuren finden, die zumindest ansatzweise Gott als die göttliche unendliche Gegenwart erkannten. Diese Gegenwart erlaubte ihnen, Propheten, Heilige, Weise oder Seher ihrer Epoche zu sein. Jeder, der heute auf der Erde lebt und ein gewisses Maß an Erkenntnis dieser Gegenwart erreicht, wird ebenso zum Weisen, Heiligen, Propheten, Seher oder Retter der heutigen Zeit. Das wird als eine universelle Beziehung offenbart, die jedem möglich ist. „...der wird größere Werke als diese tun.“ Alle Taten, die auf dem spirituellen Weg geleistet wurden, werden sich wiederholen, und zwar in größerem Maße, allerdings nur im Verhältnis zur Erkenntnis dieser Gegenwart. Jeder Eindruck von Getrenntsein von unserem Guten, jeder Versuch, Gutes durch Beten zu uns zu schaffen, muss in einem stärkeren Eindruck von Getrenntsein, einem größeren Gefühl von Mangel und Verlust resultieren. Fangt heute an, den Übergang vom Menschen zu machen, der nach Gutem verlangt, hin zum göttlichen Seinszustand, der sich als Brunnen erkennt, der die Gnade Gottes in die Welt durchfließen lässt. Ich habe dir mein Siegel aufgedrückt. Ich habe dich nach meinem eigenen Bild und Gleichnis geschaffen. Ich habe dir göttliche Gnade und Freiheit verliehen, damit du das Kind Gottes bist.

 

Ich habe dich zum Menschenführer gemacht, zum Menschenfischer. Ich habe dich mit der Herrlichkeit ausgestattet, die ich zu Anbeginn beim Vater hatte. Ich habe dich bei meinem Namen gerufen. Rufe mich an und sei errettet. Schau auf mich. Wohne in mir und lass mein Wort in dir wohnen. Wenn ihr auf diese stille, sanfte Stimme in eurem Wesen lauscht, werdet ihr aus einer inneren Quelle gespeist. Ihr werdet Wohnung und Kleidung finden und werdet unterstützt, erhalten, beschützt und göttlich beeinflusst – „nicht durch Macht oder Gewalt, sondern durch meinen Geist.“

 

„In Ruhe und Vertrauen liegt eure Stärke.“ Da gibt es keinen Kampf. Ihr streitet nicht für das Gute. Es ist nicht euer Kampf, seid also still. Seid still und wisst, so werdet ihr eine innere Stim-me sagen hören: „Ich bin Gott.“ Wieso ertönt sie aus eurem Inneren? Weil das Reich Gottes in euch ist, und Gott wohnt in seinem Reich und kündigt sich an und äußert sich von diesem Reich aus, damit ihr für euren Lebensunterhalt und eure Gesundheit nicht kämpfen oder streiten müsst.

 

Es ist nicht euer Kampf, es ist der Kampf Gottes. Erkennt nur Gott als Quelle, Macht, Gegenwart und Offenbarer alles Guten an. Gebt vor allem hier und jetzt, genau an diesem Ort und in diesem Augenblick den Gedanken auf, irgendwoher Liebe, Frieden, Freude, Macht und Herrschaft zu bekommen. Erkennt, dass diese Eigenschaften von euch ausfließen. Ihre Quelle, das Reich Gottes, ist in euch. Deswegen kann sich die ganze Welt auf der Suche nach Gesundheit und Wohlstand jederzeit an euch wenden, und ihr werdet antworten: „Hier sind sie.“ Ihr schaut nicht erst nach, wie viel ihr in eurer Tasche, eurem Lagerhaus, auf eurem Feld oder auf eurer Bank habt, sondern erkennt, dass alles, was ausströmen soll, durch euch aus dem Reich Gottes ausströmt.

 

Joel S. Goldsmith: Leave your nets (Verlasst eure Netze), Kapitel 3 und 4 (Auszüge)

veröffentlicht im Heft EinsSein 04-2021